Fresh lilaced moorland fields

Wednesday, 23. April 2008

Die unendliche Geschichte

Filed under: Denkmal,Suende — slaudamus @ 20:19

Irgendwie ist es ja unglaublich und vor allem unglaublich nervtötend, was für ein Zirkus um die Schließung des Flughafens Tempelhof gemacht wird. Man könnte meinen, die nächste Blockade (West)-Berlins durch die Russen steht unmittelbar bevor und nur Tempelhof kann uns davor retten. Etwas merkwürdig bei der Diskussion finde ich die Rolle der CDU, die erst unter ihrem damaligen Regierenden Bürgermeister Diepgen die Schließung beschließt (übrigens mit Einverständnis der damaligen CDU/FDP-Bundesregierung) und heute so gar nichts mehr davon wissen will. Hat sich irgendetwas an den Fakten seit damals geändert? Es war Grundkonsens, daß ein neuer Großflughafen gebaut wird und im Gegenzug die innerstädtischen Flughäfen (Tempelhof und Tegel) aufgegeben werden. Dies ist schon im Flächennutzungsplan von 1994, der übrigens auch von einem CDU geführten Senat beschlossen wurde, deutlich ersichtlich. Aber irgendwie hat sich damals keiner daran gestört. Es handelt sich dabei nicht einmal um einen Präzedenzfall. In Adlershof gab es auch mal einen Flugplatz, der heute eine aufstrebende Wissenschaftsstadt beherbergt. Warum sollte ähnliches nicht auch in Tempelhof möglich sein? Flughafen Berlin-Tempelhof

Nun was spricht für die Schließung des Flughafens? Es handelt sich um eine Lage innerhalb des S-Bahn-Ringes der im Allgemeinen zur Berliner Innenstadt gezählt wird und dicht bebaut ist. Der derzeitige Flugbetrieb ist defizitär und wird es nur mit kleineren Privatjets auch bleiben. Gegen die Ausweitung des Flugbetriebs spricht die damit einhergehende Lärmbelastung und die Unfallgefahr. 2001 ist eine Maschine in Neukölln beim Landeanflug abgestürzt. Durch Glück starben damals nur die beiden Insassen der Maschine. Eine so wertvolle innerstädtische Lage sollte, da es schließlich mit Schönefeld eine Alternative gibt, anderweitig genutzt werden. Diese anderweitige Nutzung wird sicherlich nicht von heute auf morgen geschehen können und es wird für eine ca. 4 km² große Fläche nicht nur eine Nutzung geben können. Es wird sich um einen längeren Umnutzungprozeß handeln, der von mir geschätzte 25 Jahre in Anspruch nehmen wird. 1994 war man noch so weitsichtig. Wieso ist man es heute nicht mehr?

Gerne wird als Gegenargument die Schließung des Flughafen Riems in München und die Eröffnung von München-Franz-Josef-Strauß und die damit einhergehenden längeren Anfahrtswege angeführt . Das Argument sticht deshalb nicht, da Erdinger Moos deutlich weiter draußen liegt als der zukünftige Großflughafen in Schönefeld. Vielleicht sollte die Deutsche Bahn, anstatt sich für einen Flugbetrieb in Tempelhof stark zu machen, lieber dafür sorgen, daß der Flughafen in Schönefeld alsbald einen leistungsfähigen Bahnanschluß erhält.

Häufig wird auch der Londoner City-Airport in den Docklands erwähnt. Nun auch da gibt es einige Unterschiede. Dieser liegt im ehemaligen Hafengebiet östlich der City. Als Ein- und Abflugschneise fungiert hier die Themse. Wer mal in London war wird bemerkt haben, daß die Themse deutlich breiter als die Spree ist. Dies minimiert die Lärmbelastung für die Anwohner erheblich zumal auch dort nur kleinere Maschinen landen.

Dann gibt es da noch den ominösen Großinvestor, der Tempelhof übernehmen möchte. Er möchte einen modernen Klinikstandort dort aufbauen für Kunden die mit dem Privatjet eingeflogen kommen. Es gibt in Berlin bereits eine moderne und altehrwürdige Universitätsklinik mit Standorten in Mitte und im Wedding namens Charité, zudem in Berlin-Buch eine große, privat betriebene Klinik mit angeschlossenem Forschungsstandort. Rentiert es sich da einen neuen Standort aufzumachen? Oder rentiert sich das vielleicht nur, wenn man entweder den Flugverkehr doch wieder ausweitet (Argumente dagegen siehe oben) oder eventuell nicht benötigte Flächen des Flughafens Tempelhof verkauft? Handelt es sich dabei vielleicht nur um eine gigantische (4 km² innerstädtische Lage zur Erinnerung) Grundstücksspekulation? Einen modernen Klinikstandort für Leute die per Flugzeug eingeflogen und abgeflogen kommen, könnte man doch sonst auch in Neuhardenberg hochziehen. Wozu muß der in der Berliner Innenstadt sein?

Gar nicht erwähnt habe ich ganz bewußt, daß das Bundesverwaltungsgericht den Großflughafen in Schönefeld nur genehmigt hat unter der Voraussetzung, daß die innerstädtischen Flughäfen geschlossen werden. Auch im Raum Schönefeld sind schließlich Anwohner vom Fluglärm betroffen oder mußten ihre Häuser für den Standort aufgeben. In einem Abwägungsprozeß (so nennen Juristen das) wurden die Interessen der Anwohner Schönefelds denen von Tempelhof, Neukölln, Tegel, Spandau und Pankow gegenübergestellt. Die Zumutungen in Schönefeld hielt man für vertretbar, wenn dafür die anderen entlastet werden. Das Interesse von relativ vielen in Berlin war wichtiger als das von relativ wenigen in Schönefeld, Blankenfelde und Köpenick. Ich will nicht behaupten, daß durch einen Weiterbetrieb von Tempelhof Schönefeld nicht gebaut werden könnte, aber der gesamte Abwägungsprozeß und damit das Genehmigungsverfahren für Schönefeld wären in Frage gestellt und müßten wahrscheinlich mit ungewissem Ausgang neu aufgerollt werden.

Bleibt zu hoffen, daß der Senat weitsichtiger ist, als eine eventuelle Mehrheit der Bewohner Berlins und daß wir dieselbe Diskussion in einigen Jahren bei der Schließung Tegels nicht noch einmal führen müssen.

Monday, 18. June 2007

Tatortkulisse

Filed under: Suende — slaudamus @ 19:54

Hamburg gilt ja angeblich als die englischste Stadt Deutschlands. So habe ich es jedenfalls mal auf einer Zugfahrt nach Hamburg im Bordmagazin der Deutschen Bahn gelesen. Als ich damals in Altona aus dem Zug ausstieg, wußte ich weshalb. Es nieselte.

Hamburg Hafencity

Nun versucht Hamburg auch in anderer Hinsicht seinem großen Vorbild London nachzueifern. Dort heißt es Docklands in Hamburg konsequent Deutsch-Englisch HafenCity. Südlich der alten Speicherstadt soll auf einem Areal von 155 Hektar “ein lebendiger innenstädtischer Raum” entstehen. So preist es jedenfalls der Webauftritt an. Nun, bisher ist davon noch nicht viel zu sehen. Grundsätzlich bin ich kein Freund solcher Retortenstadtteile. Das Areal um den Potsdamer Platz finde ich bis heute schrecklich. Ähnlich erging es mir mit der HafenCity. Bisher ist zwar nur ein kleiner Teil fertiggestellt, aber was ich gesehen habe, fand ich gesichtslos. Das gefällt allenfalls dem Architekten und taugt in meinen Augen bestenfalls als Tatortkulisse, so wie ich es tatsächlich in dem letzten Tatort aus Hamburg “Investigativ” bewundern durfte.

Hamburg HafenCity

Dabei sind die Voraussetzungen für den Standort gar nicht schlecht. Mit dem Bus kommt man von der Mönckebergstraße schnell und bequem dort hin. Trotzdem ist geplant eine U-Bahn vom Junfernstieg zur HafenCity zu bauen. Diese wird aufgrund der natürlichen Gegebenheiten (Unterquerung mehrerer Kanäle) sicher nicht günstig. Von der Renaissance der Straßenbahn hat man in Hamburg anscheinend noch nichts gehört. Die geplante Elbphilharmonie bringt vielleicht auch abends außerhalb der Bürozeiten Leben in das Viertel. Ansonsten ist zu befürchten, daß es in der HafenCity abends ähnlich lebendig zugeht wie in der Hamburger City Süd. Gespannt bin ich auch auf die soziale Durchmischung in den geplanten Wohnhäusern. Die Mieten in Hamburg würde ich als in dieser Hinsicht verwöhnter Berliner schlicht als unverschämt bezeichnen. Die bereits gebauten Wohnhäuser lassen ahnen, daß die Mieten (aber vielleicht sind es ja auch Eigentumswohnungen) mehr als nur unverschämt sind.

Monday, 5. February 2007

Der Alex(a)-Autist

Filed under: Suende — slaudamus @ 21:12

Zur Zeit wird auf der Fläche an der Stadtbahn zwischen Alexanderplatz und Jannowitzbrücke, wo früher mal der Weihnachtsmarkt stattfand, ein neues Einkaufszentrum namens Alexa errichtet. Das Gebäude, welches dort gerade Gestalt annimmt, läßt Schlimmes befürchten. Grundsätzlich spricht sowieso nicht viel dafür, überhaupt noch so eine neue Kiste zu bauen. In Berlin gibt es mittlerweile Verkaufsflächen im Überfluß bei stagnierenden Einkommen. Die in der Nähe gelegenden Rathaus-Passagen, welche bis Mitte 2004 für 70 Mio. Euro von der städtischen Wohnungsbaugessellschaft Mitte (WBM) modernisiert wurden, kämpfen heute noch gegen die Bedeutungslosigkeit an und bieten ein trostloses Bild. Ebenso steht – auch wegen anderer Fehlinvestitionen – die WBM nicht gut da und wird entweder Wohnungen aus ihrem Bestand verkaufen oder einen Sanierungszuschuß der Stadt erhalten müssen.

Alexa Ende April 2006

In den letzten Jahren hat man mühsam versucht den Alexanderplatz aufzuwerten. Der U-Bahnhof, das Berolinahaus und der öde Platz an sich wurden saniert und modernisiert. Der Kaufhof wurde zu einem kleinen KaDeWe umgebaut. So langsam bekommt der Platz Leben und Atmosphäre. Und nun entsteht direkt daneben dieser Klotz, von dem ich bis jetzt nicht sicher sagen kann, welcher Teil Einkaufzentrum (ca. 180 Mieteinheiten) wird und welcher Parkhaus (1600 Parkplätze). Diese Gebäude wirkt wie ein gebauter Autist. Ein verschlossenes, auf sich selbst fixiertes Haus ohne Bezug zur Umgebung. Auch dies scheint mir wie bei den Rathaus-Passagen eine Verschwendung von Steuergeldern zu sein. Man kann nicht auf der einen Seite versuchen dem Alexanderplatz wieder Leben und Urbanität einzuhauchen und auf der anderen Seite einen Kasten (das ICC ist geradezu luftige Architektur dagegen) ohne jeglichen Bezug zur Umgebung genehmigen. In diesem roten Betonbunker werden sich dann wahrscheinlich die immer gleichen Ketten wie MediaMarkt, H&M, Douglas und Thalia wiederfinden.

Alexa Anfang Februar 2007

Man kann eigentlich nur hoffen – auch wenn es eine gigantische Geldverschwendung wäre -, daß dieses Gebäude ein ähnliches Schicksal erleidet wie die Rathaus-Passagen. Das Leben gehört auf die Straße, auf den Alexanderplatz und nicht in einen Tschernobyl-Sarkophag. Bezeichnend ist, daß insgesamt vier verschiedene Architekturbüros für das Projekt verantwortlich waren. Wahrscheinlich hat sich keines getraut, alleine für diesen Konsumbunker die Verantwortung zu übernehmen. Mögen mir die Füße abfallen, falls ich dort je einen der selbigen hineinsetzen sollte.