Sowjetisches Ehrenmal in Treptow
Ich war ungefähr fünfzehn Jahre alt, als ich das erste Mal im Treptower Park war und mir dort das Sowjetische Ehrenmal angeschaut habe. Damals hätte ich es wahrscheinlich lachhaft gefunden, hätte mir jemand gesagt, daß ich später mal dort in der Nähe wohnen werde und es mir jederzeit ohne Beantragen eines Mehrfachberechtigungsscheines anschauen könne. Schön, daß es so gekommen ist.
Schon damals hat mich die monumentale Anlage beeindruckt. Noch nie vorher hatte ich so etwas gesehen. Der breite Weg der zu den beiden aus rotem Marmor gefertigten schräg aufragenden Wänden führt. Diese sollen zwei rote Fahnen symbolisieren. Am Durchgang zwischen den Wänden knien zwei Soldaten aus Bronze. Dahinter der tiefergelegende Ehrenhain und immer im Blick der Mausoleumshügel mit dem bronzenen Rotarmisten. Dieser hält ein Kind auf dem Arm und steht auf einem zerschmetterten Hakenkreuz. Der rote Marmor stammt ironischerweise zum Teil von der Speerschen Neuen Reichskanzlei in der Voßstraße, ebenso wie die Wandverkleidungen im U-Bahnhof Mohrenstraße.
Auf der Luftaufnahme, die bei einem Rundflug mit dem Rosinenbomber aufgenommen wurde, sieht man die Anlage von Süden her. Der Mausoleumshügel mit der Statue ist also vorne und die beiden Marmorwände weiter hinten. Rechts unterhalb vom Ehrenmal sieht man das Fernrohr der Archenhold-Sternwarte.
Die Anlage wurde zwischen Juni 1947 und Mai 1949 nach Plänen eines Kollektivs bestehend aus Jakow Belopolski (Architekt), Jewgeni Wutschetitsch (Bildhauer), Alexander Gorpenko (Maler) und Sarra Walerius (Ingenieurin) errichtet. Insgesamt liegen hier etwa 5000 gefallene sowjetische Soldaten begraben. Allerdings nicht auf der zentralen Grasfläche, sondern in den umliegenden Platanenhainen.
Die Anlage ist ein Meisterwerk der Gartenbaukunst und der Architektur. Jedes Detail ist durchdacht und steckt voller Anspielungen. So kann die Anlage z.B. nicht durch einen rückwärtigen Ausgang verlassen werden. Man schreitet also zwangsläufig den breiten Aufmarschweg mit den Trauerbirken hinauf (der Weg ist leicht ansteigend), zu den beiden trauernden Rotarmisten vor den gesenkten roten Fahnen (Marmorwände). Steigt dann hinab zum Ehrenhain, geht weiter zum Fuße des Mausoleumshügel, den Hügel hinauf zum Rotarmisten mit dem unschuldigen, geretteten, deutschen Kind auf dem Arm. Von dort kann man die Anlage nur den ganzen Weg zurück auf den seitlichen Platanenalleen verlassen.
Lange Jahre stritt sich der Senat mit der Bundesregierung, wer für die Sanierung des Ehrenmals aufkommen müsse. Die Bundesregierung stand auf dem Standpunkt, daß es sich um ein Denkmal handele (was auch stimmt, das Ehrenmal ist in der Berliner Denkmalliste eingetragen) und Denkmalpflege wäre Ländersache (was wiederum stimmt). Andererseits legte der Deutsch-Sowjetische Nachbarschaftsvertrag von 1990 die Zuständigkeit des Bundes für die Ehrenmale fest. Nun ich weiß nicht, wer im Endeffekt gezahlt hat. Jedenfalls wurde die Anlage mittlerweile saniert. Die Statue wurde dafür eigens per Schiff zur Restaurierung nach Rügen gebracht.