Über Bäume, Junkfood und ein gallisches Dorf
Irgendwie ist er ja süß, der Kreuzberger. Diese liebenswerte Renitenz gegen Veränderungen in seiner Nische hat er förmlich mit der Muttermilch aufgesogen. Und jetzt kommt es gleich ganz dicke und das zumindestens teilweise im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht nur, daß eine amerikanische Fastfoodkette plant ein Restaurant im bisher junkfoodfreien Stadtteil zu bauen. Nein, jetzt sollen auch noch Bäume am Landwehrkanal gefällt werden. McDonalds – Bäume fällen. Da schrillen bei allen bürgerbewegten Alternativen natürlich die Alarmglocken.
Flugs wurden also zwei Bürgerinitiativen gegründet mit dem Ziele der Verhinderung von beidem. Vielleicht werde ich ja alt und konservativ, aber ich halte beide Bürgerinitiativen für Schwachsinn. Aber arbeiten wir das der Reihe nach ab.
- Ein Hauptargument gegen das Fastfoodrestaurant ist die ungesunde Kost, die dort angeboten wird und das bei drei Schulen im näheren Einzugsbereich. Ich meine, wenn die genausoviel Zeit in die Erziehung ihrer Kinder gesteckt haben wie gegen das Kämpfen gegen Windmühlen, dann wird der Laden sich nicht lange halten. Solche Läden handeln nämlich nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Ob Döner, Falafel, Schawarma & Co. auf Dauer eine ausgewogenere Ernährung sind, möchte ich bezweifeln.
- Wann habe ich dieses Bild zum letzten Mal gesehen. Leute die auf Bäume klettern, um diese vor dem Gefälltwerden zu beschützen. So gesehen bei meiner Morgenlektüre vor wenigen Tagen. Ok, nur eine rhetorische Frage. Ich weiß es natürlich. Es war Julia Butterfly Hill. Diese hat in einem kleinen Baumhaus auf einem etwa sechshundertjährigen Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens) über zwei Jahre gewohnt. Damals ging es darum, einen der noch wenigen vorhandenen Küstenurwälder der Vereinigten Staaten gegen das Profitinteresse eines Holzkonzernes zu verteidigen. Und worum geht es am Landwehrkanal? Vor einiger Zeit ist an einer Stelle die Uferbegrenzung abgesackt, weil diese vermutlich durch den Schiffsverkehr unterspült war. Nun haben Untersuchungen ergeben, daß dies noch an mehreren anderen Stellen der Fall ist und einige nahe am Wasser stehende Bäume drohen in den Kanal zu stürzen. Das Wasser- und Schifffahrtsamt würde deshalb gerne vorsorglich etwa 200 Bäume fällen. Über die Anzahl kann man diskutieren und daß die Uferböschungen saniert werden müssen, ist auch klar. Aber ich finde, man kann es auch übertreiben. Ich freue mich auf den Tag, wo bei der Sanierung mit der Pressluftramme Spundwände vor die alten Begrenzungsmauern getrieben werden. Das ist nicht leise. Aber wahrscheinlich wird man das tun, was man in Kreuzberg immer tut. Eine Bürgeninitiative dagegen gründen.