Fresh lilaced moorland fields

Tuesday, 26. June 2007

Über Bäume, Junkfood und ein gallisches Dorf

Filed under: Splitter — slaudamus @ 20:58

Irgendwie ist er ja süß, der Kreuzberger. Diese liebenswerte Renitenz gegen Veränderungen in seiner Nische hat er förmlich mit der Muttermilch aufgesogen. Und jetzt kommt es gleich ganz dicke und das zumindestens teilweise im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht nur, daß eine amerikanische Fastfoodkette plant ein Restaurant im bisher junkfoodfreien Stadtteil zu bauen. Nein, jetzt sollen auch noch Bäume am Landwehrkanal gefällt werden. McDonalds – Bäume fällen. Da schrillen bei allen bürgerbewegten Alternativen natürlich die Alarmglocken.

Landwehrkanal

Flugs wurden also zwei Bürgerinitiativen gegründet mit dem Ziele der Verhinderung von beidem. Vielleicht werde ich ja alt und konservativ, aber ich halte beide Bürgerinitiativen für Schwachsinn. Aber arbeiten wir das der Reihe nach ab.

  1. Ein Hauptargument gegen das Fastfoodrestaurant ist die ungesunde Kost, die dort angeboten wird und das bei drei Schulen im näheren Einzugsbereich. Ich meine, wenn die genausoviel Zeit in die Erziehung ihrer Kinder gesteckt haben wie gegen das Kämpfen gegen Windmühlen, dann wird der Laden sich nicht lange halten. Solche Läden handeln nämlich nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Ob Döner, Falafel, Schawarma & Co. auf Dauer eine ausgewogenere Ernährung sind, möchte ich bezweifeln.
  2. Wann habe ich dieses Bild zum letzten Mal gesehen. Leute die auf Bäume klettern, um diese vor dem Gefälltwerden zu beschützen. So gesehen bei meiner Morgenlektüre vor wenigen Tagen. Ok, nur eine rhetorische Frage. Ich weiß es natürlich. Es war Julia Butterfly Hill. Diese hat in einem kleinen Baumhaus auf einem etwa sechshundertjährigen Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens) über zwei Jahre gewohnt. Damals ging es darum, einen der noch wenigen vorhandenen Küstenurwälder der Vereinigten Staaten gegen das Profitinteresse eines Holzkonzernes zu verteidigen. Und worum geht es am Landwehrkanal? Vor einiger Zeit ist an einer Stelle die Uferbegrenzung abgesackt, weil diese vermutlich durch den Schiffsverkehr unterspült war. Nun haben Untersuchungen ergeben, daß dies noch an mehreren anderen Stellen der Fall ist und einige nahe am Wasser stehende Bäume drohen in den Kanal zu stürzen. Das Wasser- und Schifffahrtsamt würde deshalb gerne vorsorglich etwa 200 Bäume fällen. Über die Anzahl kann man diskutieren und daß die Uferböschungen saniert werden müssen, ist auch klar. Aber ich finde, man kann es auch übertreiben. Ich freue mich auf den Tag, wo bei der Sanierung mit der Pressluftramme Spundwände vor die alten Begrenzungsmauern getrieben werden. Das ist nicht leise. Aber wahrscheinlich wird man das tun, was man in Kreuzberg immer tut. Eine Bürgeninitiative dagegen gründen.

Monday, 18. June 2007

Tatortkulisse

Filed under: Suende — slaudamus @ 19:54

Hamburg gilt ja angeblich als die englischste Stadt Deutschlands. So habe ich es jedenfalls mal auf einer Zugfahrt nach Hamburg im Bordmagazin der Deutschen Bahn gelesen. Als ich damals in Altona aus dem Zug ausstieg, wußte ich weshalb. Es nieselte.

Hamburg Hafencity

Nun versucht Hamburg auch in anderer Hinsicht seinem großen Vorbild London nachzueifern. Dort heißt es Docklands in Hamburg konsequent Deutsch-Englisch HafenCity. Südlich der alten Speicherstadt soll auf einem Areal von 155 Hektar “ein lebendiger innenstädtischer Raum” entstehen. So preist es jedenfalls der Webauftritt an. Nun, bisher ist davon noch nicht viel zu sehen. Grundsätzlich bin ich kein Freund solcher Retortenstadtteile. Das Areal um den Potsdamer Platz finde ich bis heute schrecklich. Ähnlich erging es mir mit der HafenCity. Bisher ist zwar nur ein kleiner Teil fertiggestellt, aber was ich gesehen habe, fand ich gesichtslos. Das gefällt allenfalls dem Architekten und taugt in meinen Augen bestenfalls als Tatortkulisse, so wie ich es tatsächlich in dem letzten Tatort aus Hamburg “Investigativ” bewundern durfte.

Hamburg HafenCity

Dabei sind die Voraussetzungen für den Standort gar nicht schlecht. Mit dem Bus kommt man von der Mönckebergstraße schnell und bequem dort hin. Trotzdem ist geplant eine U-Bahn vom Junfernstieg zur HafenCity zu bauen. Diese wird aufgrund der natürlichen Gegebenheiten (Unterquerung mehrerer Kanäle) sicher nicht günstig. Von der Renaissance der Straßenbahn hat man in Hamburg anscheinend noch nichts gehört. Die geplante Elbphilharmonie bringt vielleicht auch abends außerhalb der Bürozeiten Leben in das Viertel. Ansonsten ist zu befürchten, daß es in der HafenCity abends ähnlich lebendig zugeht wie in der Hamburger City Süd. Gespannt bin ich auch auf die soziale Durchmischung in den geplanten Wohnhäusern. Die Mieten in Hamburg würde ich als in dieser Hinsicht verwöhnter Berliner schlicht als unverschämt bezeichnen. Die bereits gebauten Wohnhäuser lassen ahnen, daß die Mieten (aber vielleicht sind es ja auch Eigentumswohnungen) mehr als nur unverschämt sind.